Der Hüttenwirt aus Villnöss

Traditionelle Küche mit viel Leidenschaft

 

Eines muss Gerhard Runggatscher zugeben – bei der Lage seiner Almhütte im Villnössertal könnte er seinen Kaiserschmarrn auch am Pappteller servieren. Seine Geisleralm liegt auf 1996 Höhenmeter und die schroffen Dolomitenzacken dahinter ragen davon nochmals tausend Meter in die Höhe. Das Panorama verschlägt einem fast die Sprache.

Aber nicht nur die Kalkspitzen der Geislerkette vor dem dunklen Nadelwald bieten ein spektakuläres Photomotiv. Auch Gerhards Essen ist höchst photogen. Da sitzt frischer Schnittlauch den herzhaften Knödeln oben auf und Blüten mischen sich unter den Salat. „Damit, wenn man auf den Teller hinschaut, man schon eine Freunde kriegt und sagt: Da möchte ich hineinbeißen“, sagt Gerhard.

Als der ausgebildete Landwirt die Geisleralm vor 30 Jahren von seinem Vater übernahm, war sie ein kleines Hüttchen. Über die Sommermonate bot sie Bergsteigern einen Rastplatz mit Erfrischungen und einfachen, regionalen Speisen. Das Hüttenwirt-Dasein entwickelte sich für Gerhard schnell zur Leidenschaft. Und bald auch das Kochen. Die einfachen Gerichte nach den Rezepten der Mutter und Großmutter glückten auf Anhieb. „Kaum habe ich mich in die Küche gestellt, war die erste Freude da, die erste Genugtuung.“ Von dort aus hat sich Gerhard weiterentwickelt. Und weil die Freude groß war und die Ideen zahlreich, musste die Saison länger werden.

Seither hat sich vieles auf der Geisleralm verändert. Wandern wurde in Italien massentauglich und auch Gäste aus Deutschland finden sich ganzjährig in Gerhards Hütte ein. Im Winter stapfen sie mit Schneeschuhen zur Alm. Das gemischte Publikum freut ihn, denn er möchte für verschiedene Leute kochen: „Wir wollen nicht überheblich sein, keine Sternenküche machen, aber auf hohem Niveau servieren.“

Deshalb ist Gerhards Teller manchmal gar kein Teller. Die Topfenknödel präsentieren sich mit Pfefferminzeis in einer blauen Schüssel. Mit seinen Steinplatten nimmt er Anleihen am Wow-Effekt der Spitzengastronomie. Und auf dem Teller, der Steinplatte oder in der Schüssel liegt Qualität aus der Region. Bei Tagestellern und Spezialitätenwochen verkocht der Küchenchef das Villnösser Brillenschaf oder das Graue Geisler Rind. Damit unterstützt er örtliche Bauern, die diese seltenen Rassen vor dem Verschwinden bewahren. „Wenn die Qualität stimmt, warum nicht? Wir müssen Südtirol schon auch ein bisschen treu bleiben“, sagt Gerhard. Nur die Oliven oder der Capra-Käse haben schon mehr von Italien gesehen als Südtirol und das Villnössertal.

Mit dieser Küche repräsentiert Gerhard auf gewisse Weise den klassischen Villnösser. „Die Villnösser wollen als Tourismusort nicht wachsen. Aber sie lassen doch einiges zu“, sagt er. Sie bewahren die Ruhe des Ortes inmitten der Dolomiten, und sind doch offen für sanften Tourismus.

Auch bei Gerhard steckt das Alte im Neuen. Die Gemäuer der Alm seines Vaters baute er in die neue Almhütte mit ein. Die Hütte ist gewachsen, aber bleibt der klassischen Alm treu. „Die Leute suchen verstärkt die Ruhe. Daher wollen wir auch nicht mehr wachsen.“ Gerhards Gäste wandern hinauf und kommen von der Hektik der Alltags herunter. Stress ist strengstens verboten. Nur wenn Gewitterwolken aufziehen, lässt der Südtiroler ein schnelleres Tempo gelten.

Für seinen Betrieb kündigt sich Schönwetter an. Gelassen blickt Gerhard in die Zukunft: „Die traditionellen Dinge werden Bestand haben. Der Bezug zur Natur, das Zurück zum Einfachen wird den Leuten immer bewusster.“

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