Die Kutscherin aus Werfenweng

Arbeit mit Pferden aus Leidenschaft

 

Der Schlitten ist voll. Ein Schnalzen genügt, und die Kufen schieben sich über den Schnee und gleiten auf dem präparierten Feldweg durch die Werfenwenger Landschaft in Salzburg. Waltraud Steiger braucht keine Gerte, um ihre Noriker-Pferde in Bewegung zu setzen. Dafür braucht sie viel Gefühl. Denn jedes ihrer Rösser wird gern anders angesprochen – einmal mit festerer Stimme, einmal ganz sanft.

Die gebürtige Salzburgerin kam der Liebe wegen in den Ski- und Wanderort Werfenweng. Der Hof ihrer Schwiegereltern ist nun ihr Zuhause. Als Pension ist das Bauernhaus Oberegg auch ihr Arbeitsplatz und als Stellplatz ihrer Pferde auch der Ort, wo ihre ganz große Leidenschaft zur vollen Entfaltung kommt. Nicht umsonst heißt der Hof nun Pferdehof. „Entweder du hast den Pferdevirus, oder nicht“, sagt Waltraud.

Waltrauds Pferdevirus begann klein in der elterlichen Landwirtschaft in Kärnten. Genauer gesagt: Mit einem Pony. Kinder, die bei ihnen Urlaub am Bauernhof machten, setzte sie auf den Rücken des Pferdes und brachte ihnen die wortlose Sprache zwischen Tier und Reiter bei. Das tut sie heute noch. Nur die Größenordnung hat sich verändert. Die dunklen Noriker in ihren Ställen bezeichnet sie als sanfte Riesen.

Manche Familien kommen speziell wegen der Tiere zu Waltraud ins Oberegg. Die Eltern sind oft erstaunt, wie ruhig selbst kleine Kinder auf den großen Pferden reiten können. Besonders schwärmt die Salzburgerin von ihrer elfjährigen Noriker-Stute. „Auf die kannst du dich einfach verlassen. Die bringt mir jedes Kind heile zurück, da bin ich mir zu hundert Prozent sicher.“

Mit dem Pferdeschlitten, der Kutsche oder direkt am Rücken der Pferde taucht Waltraud mit ihren Gästen in die Ruhe der Naturlandschaft ein. Jeder, der im sanft-mobilen Tourismusort den Autoschlüssel abgibt oder gleich mit der Bahn anreist, fährt einmal kostenlos mit dem Pferdeschlitten. Im Talschluss Wengerau kehrt die Gruppe dann gemütlich in eine Almhütte im Landschaftsschutzgebiet ein. „Da stehen keine normalen Häuser mehr, dort überholt uns kein Auto, denn dort dürfen Autos gar nicht fahren. Der Talschluss ist auch für uns etwas Schönes und hat einen großen Erholungswert.“

Waltraud ist die erste Kutscherin im Tal. Sie und ihr Mann waren 1995 auch die einzigen der jüngeren Generation, die den Kutscher-Beruf wählten. Ihr Mann Simon hat Waltraud einfach ohne zu fragen bei einem Kutscherkurs angemeldet. Und gleich in der ersten Stunde wollte sie wieder abspringen, weil das Temperament mit den Übungspferden durchging. Heute freut sie sich, dass sie sich doch wieder hinter die Zügel getraut hat. Das Schlittenfahren erfreut sich im Winter großer Beliebtheit. Immer mehr Bauern und auch eine weitere Bäuerin schlossen sich seit ihren Anfängen der motorlosen Flotte an.

Erholung und Gemütlichkeit statt Après-Ski und Dauerprogramm – Waltrauds Gäste schätzen die Ruhe des Tals, die Überschaubarkeit des Skigebiets und das Gespräch am Abend in der Gästestube. Ihren Pferden redet die Bäuerin gut zu, bei den Gästen kommt es mehr auf das Zuhören an. In Waltrauds Worten: „Man muss als Gastgeber auch ein sehr guter Zualoasa sein.“ Mit ihr sprechen ihre Gäste über andere Themen als nur die Arbeit, reflektieren über die kleinen Dinge, die der Tag gebracht hat. „Das hat für die meisten nach ein paar Tagen großen Erholungseffekt“, sagt die Kutscherin.

Auch ihren sieben Pferden und drei Fohlen gönnt sie die wohnverdiente Ruhe „Wir haben deshalb so viele Pferde, damit wir sie nicht ausnützen müssen.“ Denn die Fahrten bei der Kälte verlangen den geduldigen Tieren einiges ab. Nach der Fahrt wartet deshalb auch immer eine Belohnung im Stall. Und wenn Waltraud ein voll ausgebildetes Pferd verkauft, verabschiedet sie sich wie von einem Freund: „Das vergönne ich ihnen – einen gemütlichen Lebensabend“.

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